Sibylle Berg: "ein rares Beispiel für digitale Zeitgenossenschaft"

meint der Literaturkritiker Linus Schöpfer sei der neue 649 Seiten starke Roman "RCE RemoteCodeExecution" (Kiepenheuer & Witsch) von Sibylle Berg. Am Ende seines Interviews fragt Linus Schöpfer die Schriftstellerin, ob sie (nach ihrem letzten Weckruf, Titel "GRM" und dem gerade erschienenen "RCE") "weiter dystopische Romane" schreiben wird "bis sich der Zustand der Welt verbessert":

Sibylle Berg: "Dystopie übersetze ich mit Untergangserregung. Vielleicht ist es aber auch nur der Begriff für alles, was wir von uns fernhalten wollen.  Es gibt viele schöne Erfindungen, die ich in dem Buch versteckt habe, auf 700 Seiten passt einiges hinein. Ich verfüge über Wissen, das ich während meiner Recherche kurzfristig erworben habe, nicht aber über überragende Ideen, wie die Menschheit gerettet werden könnte. Und unter uns: Ich weiß auch nicht, ob jemand von mir gerettet werden möchte. Ich versuche Zusammenhänge zu verstehen - und vielleicht gerade ein paar Leser und Leserinnen aus dem Internet und dem Gefühl der Ohnmacht und der Angst zu befreien."

aus "Frau Weltuntergang blinzelt nicht" von Linus Schöpfer - Neue Zürcher Zeitung 8.5.2022