Philip Roth über Schriftsteller-Biographien: "besser man kriegt es nicht mehr mit"

Vor zwölf Jahren hat Felicitas von Lovenberg ein langes Gespräch mit dem weltweit bekannten amerikanischen Schriftsteller geführt und auch über seinen "Zuckerman"-Roman Exit Ghost gesprochen. Ihre Frage zum Thema: Wie stehen Sie selbst zu einer Biografie?

"Ich denke mal, es ist besser, man kriegt es nicht mehr mit. Es gibt ja mit jeder Biografie zwei große Probleme: erst das, was der Biograf falsch verstanden hat. Zum anderen das, was er richtig verstanden hat. Aber eigentlich kapiere ich das Interesse an der Person des Schriftstellers nicht. Who cares? Natürlich kann man sich hie und da fragen, woher jemand vertraut ist mit seinem Thema, aber warum sich für seine Ehe, seine Freundin oder seine Kinder interessieren? Die Verwechslung von Fiktion und Autobiografie macht Leser blind. Denn das Problem mit dieser Lesart ist, dass sie die andere, bessere Art zu lesen, nämlich von außen nach innen statt umgekehrt, zunehmend verdrängt."

aus: "Hält Schreiben jung, Mr. Roth?" Felicitas von Lovenberg, Frankfurter Allgemeine Zeitung 2.2.2008