Gerhard Polt: über die Notwendigkeit einer Beschimpfungskultur
Der Literaturkritiker Paul Jandl hat den unvergleichlichen Kabarettisten und Satiriker Gerhard Polt gefragt:
Herr Polt, Sie haben kürzlich mit dem Vorschlag aufhorchen lassen, in den Schulen Schimpfen und Fluchen als Kulturtechniken zu unterrichten. War das ernst gemeint?
"In einem gewissen Alter beginnen die jungen Leute, andere zu ärgern, sich über sie lustig zu machen, Zerrbilder zu schaffen. Ich weiss, dass es Spass machen kann, zu schmähen. Das rhetorische Element wird heute überall vernachlässigt. Niemand weiss mehr, was Ironie ist und wie sie funktioniert. Die Leute können damit nicht mehr umgehen. Früher haben sie in ihren Verwünschungen unheimliche sprachliche Bilder geschaffen. Es braucht eine Rekultivierung der Beschimpfungskultur."
"Komik unterwirft sich der Autorität nicht. Sie ironisiert sie."
aus: "In Münchens Ruinen spielten wir Krieg." von Paul Jandl - Neue Zürcher Zeitung 4.3.2023