H.M. Enzensberger erklärt ein Jedermannsgedicht'
"Das ist ein Jedermannsgedicht, ein Gedicht, das nicht von einer besonderen Person handelt, sondern mit dem sich jeder identifizieren kann. Es hat den Refrain: "Ich, der geboren ist und sonst nichts." Es ist eine Aufzählung von Sachen: "Wer hat keinen blauen Anzug im Schrank?", "Wer nimmt kein Frühstück und keine Trambahn?". Wer das liest, muss gestehen: ich auch. Das Ganze endet mit der Klage: "Ach, ich, der geboren ist einzig und allein und sonst nichts. Da entsteht eine Magie, weil es eben nicht um die Besonderheit des Objekts, des Dichters geht. Im Gegenteil endet es mit einer tiefen Melancholie. Er stirbt nicht aus Gewohnheit. Von ihm müssen sich einige Töne bei mir eingeschlichen haben."
aus: "Materialien & Texte aus den sieben Körben "Maulwurf und Storch" Gespräche und Geschichten zum 90. Geburtstag von Hans Magnus Enzensberger von Alexander Kluge - VOLLTEXT Literaturmagazin 3/2019