Autorenbrief April 2022: Schreiben tut auch weh ...

Liebe Autorinnen und Autoren,

"… Schreiben ist ein Nicht-anders-Können, ein lebenserhaltender Reflex wie das Atmen, aber selten selbstvergessen und frei, sondern eher wie in eisigen Höhen (oder zumindest mit entzündeten Bronchien).  Meistens also tut es weh. Aber Nichtschreiben tut auch weh. Also Vorwärts!" So begann vor etlichen Jahren die schweizer Literaturkritikerin Angelika Overrath ihre Rezension von A. L. Kennedys Buch: Schreiben. Blogs und Essays. Ob Sie für sich selbst schreiben oder professionell, es ist wichtig. Auch um Sie am Leben zu erhalten. Also: Tun Sie es!

Aber oft sind es Ablenkungen, äußere Umstände und fehlende Zeit, die uns vom Schreiben abhalten. Steven Pressfield dagegen meint, dass wir es selbst sind, die unsere inneren Widerstände nicht erkennen. Sie verhindern, dass wir unsere Talente einsetzen, um zu verwirklichen, was wir wollen und wünschen. The War of Art – So durchbrechen Sie innere Blockaden und gewinnen kreative Energie ist ein Bestseller, geschrieben von einem Autor, der seine eigenen Fehler analysiert hat, damit wir nicht dieselben machen. Pressfield zeigt, wie man kreativ arbeiten und sein Talent nutzen kann, indem man seine inneren Widerstände überwindet.

Die österreichische Dichterin Friederike Mayröcker hatte offenbar bei ihrer Arbeit eine übersinnliche Muse: "Ich glaube an einen heiligen Geist, der mich bei meiner Arbeit begleitet. Wobei es nicht genügt, zu warten bis dieser auf einen herniederschwebt. Man muss auch einen sehr großen Fleiß aufbringen, über Jahre und Jahrzehnte."

So einen Geist hätte der Beat-Autor Richard Brautigan ("Bibliothek der unveröffentlichten Bücher") auch gut gebrauchen können für sein Nicht-Gedicht. Den Titel "Der Amelia Earhart Pfannkuchen" hatte er schon lange, nur der Inhalt wollte einfach nicht in die Pfanne. Dann machte er eines Tages kurzen Prozess und schrieb das drei Zeilen-Geständnis: "Ich kann einfach kein Gedicht finden/ Für diesen Titel. Ich hab jahrelang/ nach einem gesucht, und jetzt geb ich/ auf." Schon traurig, aber vielleicht war ja auch ein bißchen viel dope daran schuld?

Eine Chance für Kinder- und Jugendbuch-Autoren bietet die Stadtbibliothek Mannheim. Sie schreibt zum 9. Mal das Kinder- und Jugendliteratur-Stadtschreiber-Stipendium "Feuergriffel" aus. Vielleicht kann unsere Bestsellerautorin Sylvia Englert mit ihrem Handbuch für Kinder- und Jugendbuchautoren Sie auf dem Weg dahin begleiten.

Fran Lebowitz ist eine beliebte Gesellschaftskolumnistin, die in ihren Texten gnadenlose Offenheit mit Sarkasmus und Humor verbindet. Regisseur Martin Scorsese hat zwei Dokus über sie gedreht, ihre Beiträge und Kommentare zu zeitnahen Themen sind überraschend, manchmal auch verletztend, aber sie nimmt sich selbst nicht aus. Nun ist ein Buch mit ihren unkonventionellen Beiträgen zu unserem zivilisierten Leben erschienen: New York und der Rest der Welt. Ihren Anfang nahm die Stilfindung in Andy Warhols Film-Journal "Interview", wo sie unter dem Titel "The best of the worst" nur die schlechten Filme besprechen wollte. Heute, mit 71 Jahren erscheint die erste Übersetzung eines Ihrer Bücher in deutscher Sprache. Noch ein Tipp fürs Drehbuchschreiben: die Filmförderung hat auf ihrer Website Bedingungen für die Förderung von Drehbüchern veröffentlicht: FFA. Das ultimative Buch übers Drehbuchschreiben heißt Rette die Katze! von Blake Snyder. Der Spiegel: "Eine Art Heilige Schrift der Hollywood-Drehbuchautoren."

Nur das Beste wünscht Ihnen
Ihre
Gerhild Tieger

 

P.S. Neue Notizen über Schriftsteller und das Schreiben finden Sie hier: Tieger-Blog.

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